Na, da zeigt sich passend zu dem vergangenen Wochenende, dass zumindest in Braunschweig unglaublich viel Vielfalt geboten wird. So veranstaltete ein Verbund aus den Jugendzentren Rühme, Roxy und JuZ Heidberg, die in Kooperation mit der Braunschweiger Jugendförderung und dem Verein Südstadt Open Air dieses großartige kleine Festival auf die Beine stellen. Das Ganze natürlich umsonst und draußen.
Das ganze Festival ist natürlich straight gegen Rechts und auf die Weltoffenheit und Toleranz gegenüber aller friedlichen Menschen und vermeintlichen Randgruppen ausgelegt. Hier ist, hier war jeder willkommen. Damit meine ich auch alle Altersgruppen. Schon toll, dass es augenscheinlich ganz einfach ist, Kindern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Ich bin leider kein Papa, aber so wie ich das wahrgenommen habe, war auf dem großen Strohberg und den Hüpfburgen das meiste los. Wer seinem Nachwuchs nicht wieder stehen konnte, ließ sie sich dann mit Glitzertattoos verschönern, oder sich den Bauch mit Süßigkeiten vollschlagen. Egal, was es dort zu kaufen gab, alles war so eingepreist, dass es so günstig wie möglich war.
Nun aber mal zur Musik.
Ich fasse diesen Tag mal mit einer Begegnung zusammen, die ich ganz zum Schluss machte. Ein älterer Herr, leicht angetrunken und mit reichlich ausbaubarem Gebiss, kam auf einen der Security zu. Für viele wäre sicher der Gedanke, „haua ha, was wird das den jetzt“ angebracht gewesen. Für mich zugegebenermaßen auch. Man soll ja niemals Menschen auf den ersten Blick in eine Schachtel stecken. Der leicht angeduselte Herr sagte etwas Tolles. „Tolle Veranstaltung, aber die Musik, die ist nicht meins, aber die Texte, die sind wirklich klasse……“. So im Nachhinein muss ich sagen, hat er damit, wohl eher ungeplant, den Geist von Musik und solchen Veranstaltungen wie dem Südstadt Open Air zusammen gefasst. Musik sollte nicht nur die Melodie im Blick haben. Ein Text, der was mitteilen kann, der einem unter die Haut geht, ist es, was Musik so oft noch viel mehr ausmacht.
Es gab eine große Bandbreite von verschiedenen Musikrichtungen. Von Hip-Hop, über Rock, etwas Hardrock bis zu Gothic war alles dabei. Starten tat der Tag um 13 Uhr mit The Legend of Sabs . Die Musiker um die Zauberhafte „Linki“, ich nenne die Frontfrau jetzt einfach mal ungefragt so, ließen uns trotz brütender Hitze durch den Zauberwald an Erfahrungen und Plots wandern. Die Dame hat Humor, sollte ihr das nicht gefallen, möge sie mich bei den kommenden Konzerten mit dem Kurzschwert über die Bühne jagen.
The Legend of Sabs
Band zwei spielte dann auf der Second Stage. Wobei, Band ist vielleicht das falsche Wort. Ich nenne die beiden mal ein Projekt. Sie nannten sich „Busen“ und die beiden machten eine sehr angenehm klingende Mischung aus End 90er Gothic und etwas Postpunk. Witzigerweise erwartete zumindest ich bei der minimalistischen Bühnendeko, die in Rosa gehalten ist und deren Merchaufkleber, die silbern glitzerten, nun wirklich nicht diese Musik. Wer so alte Stile an Musik mag, dürfte bei den beiden überrascht und begeistert sein.
Busen
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Diesen Bühnenwechsel gab es dann bis zur 8. Band. Somit konnte ich ganz in Ruhe zwischen den Bühnen hin und her wandern. Zwischen den Auftritten konnte ich dann das ein oder andere Bier trinken, beim Stand der Klaue vorbeischlendern, ein paar Gummitiere beim Stand eines der Veranstalter kaufen und später meinen Hunger beim Stand vom hotel666.de mit selbst gemachten Rosmarinkartoffeln und einer Bratwurst stillen.
Band drei, also Band zwei auf der Main Stage waren Green Machine. Für mich, und ja, ich höre eher die härtere Gangart, daher ist es sicher etwas subjektiv, die Perle des Tages. Die Herren aus dem beschaulichen Einbeck haben sich eine eher eigene Musikrichtung auf die Fahne geschrieben. Sie spielen Beer Metal, jap so nennen sie ihre Musik und verdammt geht die ab. Die ganze Band geht ab. Dass die Band kaum Bühnendeko hat, ist und war absolut verzeihbar. Mit einem Augenzwinkern. Die Jungs tragen Grün, also so komplett Grün und zwischendurch wird aller Mad Max die Kauleiste verschönert. Hier mit grüner Farbe und nicht in Chrom. Passende Bilder findet Ihr auch in der Galerie.
Green Machine
Aus Hankensbüttel kam die nächste Band. „Damage Report“ (https://www.instagram.com/damagereportband/) genannt und interessanterweise, sind ihre Texte genau das, was ihr Bandname verspricht. Alle sind eine Art von „Schadensbericht“. Allerdings weniger zu Sachschäden, sondern eher zu Schäden, die das Leben bei zwischenmenschlichen Beziehungen so hinterlässt.
Das war ein Handwerksrock der feinsten Art.
Damage Report
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Die Hauptbühne wurde anschließend von einer Hamburger Band bestiegen. Für mich eine absolute Unbekannte. Nach kurzer Recherche war ich noch verwirrter. Wie zur Hölle klingt eine Band, die auf Sankt Pauli gegründet wurde und ich zitiere: >eine Prise Skateboard, ein Hauch vegane Pizza und eine Portion Schachbrett-Muster< als Beschreibung für sich und ihre Musik bei Backstage Pro einträgt. Ganz einfach, das funktioniert gut. Ich hatte so ganz leichte Anflüge von, ich bin wieder 17 und höre den Punk der damaligen Zeit. Mit dem Namen Fox & Badger (https://www.instagram.com/foxandbadgerband/)
Fox & Badger
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Dann kommen wir mal zu einer Band, die aus der anderen Richtung kommt. „Friends Dont Lie“ aus Frankfurt am Main. Die Jungs spielten den vorletzten Streich auf der Second Stage. Mit Ihrer wieder auf Deutsch, zwischendurch gab es da in der frühen Zeit der Band auch ein paar Ausreißer, vorgetragenen sehr melodischen Punk, spielten sie eine Musik, die ich sehr honorieren musste. Der Sänger hat zwar durchaus optisch seine Anleihen in der NDW, aber klingen tun sie deutlich instrumentaler. Was ein Wunder, denn die Bühne war ausschließlich von Instrumenten spielenden Musikern bevölkert. Und Punk kann somit auch richtig melodisch sein. Ich weiß, das klingt verwirrend, aber probiert es aus. Die Mischung, die „Friends Dont Lie“ spielen, ist einen Konzertbesuch wert. (https://www.instagram.com/friendsdontlie.band)
Friends Don´t Lie
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Nun gab es auf der Main Stage wieder etwas für Fans der härteren Gangart. Die Wolfsburger Band Bedlam Broke Loose hauten ihre Mischung aus Hardcore und Metal in die PA. Geiler Scheiß. Da ich dieses Jahr nicht auf dem HelmFest war, konnte ich zumindest so, diesen ganz kleinen Teil des Büddenstetter Festivals genießen. 10 Jahre Pause und dann so ein Neuaufschlag. Die Jungs schrammten nur ganz knapp an der Perle des Tages vorbei. Also liebe und wertgeschätzte Leser, geht zu einem Konzert, wo die Herren spielen.
Bedlam Broke Loose
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Den letzten Gig auf der Nebenbühne spielten die nettesten Süddeutschen von LESTER.
Ob die zweite Bühne meine Titel »Nebenbühne« verdient, ist sicher kontrovers. Die »Second Stage«, so wie sie im Programm genannt wurde, ist bestimmt der bessere Begriff. Warum, weil da so einige kleine Perlen gespielt hatten, die diese Bühne doch zu was Interessantem und Großem auf diesem schönen kleinen Festival machte. Die fünf Münchner pumpen einen sehr eingängigen Indie Pop in meine Ohren und das selbst mit ein zwei Cover-Songs. Die Herren auf den letzten Slot auf der kleineren Bühne zu setzen, war eine richtig gute Entscheidung der Organisatoren. So konnte ich die Bühne ein letztes Mal wechseln und das mit einer klassischen rockigen Musik im Ohr.
Lester
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Die kommenden Gigs wurden dann auf der »Main Stage« gegeben. Dazu hatten die letzten Auftritte eine Stunde Zeit, das Publikum ins Schwitzen zu bringen. Und ja, das schafften sie. Wie ich am Anfang sagte, man muss nicht immer genau den Musikstil mögen, aber wenn man sich darauf einigen kann, dass die Musik mit Herz und Verstand gemacht wurde, geht das trotzdem klar.
Den ersten 60 Minuten Gig hatten Hinterlandgang. Drei junge Herren, die sich dem Hip-Hop der, aus meiner Sicht, sehr jungen Machart verschrieben haben. Und das schien genau die richtige Machart zu sein. Der Platz vor der Bühne wurde zumindest reichlich rar. Hier muss ich aber auch mein sau mieses Namensgedächtnis zugeben. »Hinterlandgang« ist eigentlich ein Zweimannbetrieb, aus einem sehr beschaulichen Dorf in Meck-Pomm. Ihr DJ war dabei, ist aber auch Solo zu erleben, nur verdammt, ich habe seinen Namen vergessen. Wenn ihr ihn noch wisst. Schreibt es bitte in die Kommentare. Dazu noch eine Info für die, die »Hinterlandgang« neu entdecken wollen, die sind wirklich so jung, wie sie ausschauen, aber nicht minder gut.
Hinterlandgang
Nach etwas Pause und Umbau gab es wieder Gitarre, Bass, Schlagzeug und Tasteninstrumente, die die Sängerin der Band TYNA untermalten. Etwas Punk, viele Gedanken und ich würde sagen etwas Enttäuschung, was die Welt angeht, in der die Bandmitglieder leben müssen und die Welt, die sie nicht verstehen, gegenüber. Das alles rund und mit einigem an kritischem Wortwitz in technisch richtig gute Musik verpackt. Publikumsnah wurde es dann, als die beiden Damen der Band sich für eine wunderbare Ballade ins Publikum stellten.
Tyna
Naja, kommen wir zum letzten Künstler des Tages. Audio88 aus Berlin. Auch hier muss ich leider sagen, mir ist der Name nicht im Gedächtnis geblieben, oder er wurde genannt, wo ich abseits der Bühne dem Hotel666 beim Abbau Ihres Standes half. Dem Genre Hip-Hop kann ich oft nur sehr wenig abgewinnen. Das, was »Audio88« da ablieferte, war aber sicher auch kein Hip-Hop, sondern Rap. Kein Prollrap, sondern Texte mit Message performt über mega Beats. Das, was ich so miterlebte, war das der Besuch mit der abgefahrensten Stimmung im Publikum. Auch die Beats und die Texte, mega. Ich werde mir sehr wahrscheinlich kein Vinyl von ihm kaufen, aber das hat eher, was damit zu tun, dass ich mir die Musik einfach nicht auf einer Anlage wiedergegeben vorstellen kann. Das gibt sich nur gut, wenn das live gegeben wird. Und live schaue ich bei ihm gerne erneut vorbei.
Audio88
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