Rockharz Tag nullkommafünf. Anreisetag, zumindest für mich.
Der liebe Kollege Fabian hatte bereits Tage zuvor die Reise ins gelobte Land angetreten. Arbeiten und nicht rosten, so sicher seine Devise. Jedes Festival, das eine gewisse Größe überschreitet, hat immer auch einen zusätzlichen Funfaktor. Den obligatorischen Anreisestau. So auch beim Rockharz 2024. Beide Richtungen waren mit einer kilometerlangen Blechlawine verstopft. Das, obwohl die Einweise-Crew wirklich zügig und konsequent gearbeitet hatte. Aber es gibt da immer die ein oder andere kleine Unstimmigkeit oder das ein oder andere Missverständnis, das dann zu Verzögerungen führt. Viele der angereisten Fans sind sicher langjährige Besucher des Festivals und somit alte Hasen. Aber Neulinge benötigen halt etwas Einweisung und Festivals wie das Rockharz können da schon recht beängstigend sein.
Keine Sorge, die Community hat noch nie jemanden hängen lassen. Und die ein oder anderen schiefen Töne aus dem Off wurden und werden ignoriert. Ein sehr langes Wochenende unter der Teufelsmauer und eine ganz große vereinte Familie.
Nach dem Check In ging es auf den Campground. Ja, ich war sicher etwas spät, aber 16 Uhr klang für mich als angepeilte Zielmarke passend. Mit 18 Uhr habe ich die dann leicht gerissen. Das Ergebnis wäre aber sicher, auch wenn ich pünktlich gewesen wäre, dasselbe gewesen. Die Jünger und Jüngerinnen des Rockharz waren bereits zu Tausenden auf dem Gelände. Nach diversem Anfahren und Abbremsen kam ich meinem Ziel näher. Durch die mit zwei Fahnen gekennzeichnete Einfahrt durch und ich war auf dem Campground für die beeinträchtigten Mitglieder der Metalfamilie. Für die hatte sich wie immer die Lebenshilfe Braunschweig als Partner des Rockharz mächtig ins Zeug gelegt. Und die, die auf solch ein Angebot mit umfassender Pflegemöglichkeiten und passenden Hygieneplätzen angewiesen sind, hatten sich auch mächtig ins Zeug gelegt, um mit Sack und Pack das Familienfest zu Füßen der Teufelsmauer genießen zu können. Lkws mit allem nötigen Komfort, Zelte, Wohnwagen, alles da und in Reichweite und das im eigenen gut kontrollierten Bereich nahe dem Infieldzugang. Also musste ich kurz Bescheid sagen und dann weiter bis zum zugewiesenen Campground. Den Diesmal hatte das Festival die Presse und das Camp um die Lebenshilfe zwar über dieselbe Zufahrt eingerichtet, aber doch getrennt untergebracht. Angekommen in unserem Areal warteten bereits einige Waagen, die mit Kolleginnen und Kollegen ihren Weg nach Ballenstedt gefunden hatten. Da waren so illustre Namen wie Twilight Magazin oder auch metal.de vertreten. Alles wirklich liebe Menschen. Nach den Rock & Metal Day’z und anderthalb Tagen Heimaturlaub also wieder zurück auf einen Acker bei Bier, Kamera, Stift und Zettel und selbstredend Musik. Wobei diesmal der Acker neben einer Landebahn war. Diesmal erwarteten mich einige Bands, die ich wie immer nicht kannte, und einige echte Größen der Szene. Darunter so prägende Bands wie Dimmu Borgir und Judas Priest. Aber auch eher ruhige Bands wie Van Canto und FAUN. Was blieb nach dem Aufbau noch zu machen? Platz frei halten für die, die da noch fehlten und den Pegel anheben, damit die kommenden Tage etwas leichter von der Hand gehen würden. Also erstaunlich früh ins Bett und um 10 wieder aus den Federn. Es warteten die ersten Bands. Start war sehr Festival und Langschläfer taugliche 15:30 Uhr. Und ich, der bequeme, manchmal sehr verpeilte Hund, hatte sich zum Helfen verleiten lassen, als für euch alle Bands mitzunehmen. Aber hilf deinen Freunden und die, die zu welchen werden, ist sicher eine gute Sache. Ich habe die Bilder von Fabian schon teils sehen können und das, was ich am Zeltplatz hörte, klang so, als ob ich schon bei der ersten Band was sehr Cooles verpasst hatte. Power-Metal aus Island. Weite Anreise, aber wer solch ein Setting wie Power Paladin hat und dann noch aus dem Land der Trolle und Elfen kommt, kann sich zu Füßen der Teufelsmauer nur wohlfühlen. Also dass die Band sich mal als reines Hobby bezeichnet hat, na ja, also ich muss sagen, keins meiner Hobbys ist auch nur in Ansätzen so gut und professionell wie diese Band es ist. Das trieb natürlich an, ganz fix beim Aufbauen, fertig zu werden, um dann auf das Infield zu gehen.
Power Paladin
Die letzten Töne von Power-Metal genossen, um dann von einer Show begrüßt zu werden, die uneingeschränkt als gut und durchgeknallt zu bezeichnen war. GUTALAX ( cz gore grind ) hauten ihre Pigscreems in die Synapsen der bereits auf sicher einige tausend angewachsenen Infieldbevölkerung. Ich bin immer wieder begeistert und fasziniert, mit welcher Inbrunst die Fans dieser Tschechen bei den Konzerten mitgehen und das nie ohne die passenden Accessoires. Klobürste, Klopapier und Einwegganzkörperanzug.
Gutalax
Das Wechselbad der Gefühle wurde dann mit den großartigen Brothers of metal official weiter betrieben. Der Sänger ist sicher nicht der klassische Adonis, aber Himmel seine Stimme. Der dürfte mir, glaube ich, selbst ein Telefonbuch vorlesen. Aber ich denke, dass es in einem so modernen Land wie Schweden eher kein Telefonbuch mehr gibt. Also umso besser, dass sich diese Option erübrigt und ich die Band auf der Bühne erneut erleben darf. Auf dem Rock in Rautheim spielten sie bereits und wer diese Musik mag, der ist spätestens nach einem Livekonzert Fan.
Brothers of Metal
Die sind schon fast die musikalische Perle des Tages. Aber nur fast. Diesen Titel bekommt für den ersten Tag des Rockharz 2024, MammothWVH. Das Soloprojekt um den Musiker Wolfgang Van Halen war für mich mit ihrem teils schon in den Prog gehende Version von Hard-Rock die Offenbarung des Tages. Der Klang war saugut und das, was Sie spielten, war einfach ein wunderbar rundes musikalisches Erlebnis. Und ja, der Name verrät es wohl. Der Mastermind ist der Sohn der Legende Eddie Van Halen. Das erfuhr ich aber erst, nachdem ich sie gegoogelt hatte. Es war die Musik und nicht der Name, der mich überzeugte.
Mammoth WVH
Im Anschluss übernahmen Kärbholz die Bühne. Das Rockharz ist aus seinen Ursprüngen ja „Rock gegen Rechts“. Somit ist bis heute gesichert, dass das Festival ohne seltsames Gedankengut auskommt. Aus dieser Tradition heraus ist also klipp und klar, dass weder die Band Kärbholz noch die Afterheadliner Kanonenfieber in dieses Gedankengut reinreichen. Die Kärbholzer machen einfach Spaß und die Kanonenfieberer sind schon fast Kunst. Dank der richtig fetten Show mit viel Pyro, Flammen und Nebel gab der Bamberger Musiker mit seinen Guns einen Auftritt, der insgesamt ein Gesamtkunstwerk war, welcher den ersten Tag des Rockharz würdig abgeschlossen hatte. Aber bevor es zu Kanonenfiebers Auftritt kam, gab es noch vier Bands. Zwei davon waren schon in meinen Playlisten zu Zeiten, in denen es in Braunschweig noch die Meier Music Hall gab. Da wären Callejon und OOMPH!. Callejon hatten sich ja leider, muss ich nach deren Auftritt sagen, aus meinem Gedächtnis wirklich etwas geschummelt. Aber völlig zu Unrecht. So wie es ausschaut, sind die Bands, die sich selber, mit einem ausgelassenen, gar überbordenden Frohsinn auf der Bühne zeigen, auf dem Vormarsch. Ich habe Callejon wieder in meine Playlist aufgenommen. OOMPH! waren mit dem nun voll etablierten Herrn Schulz als Frontmann auf der Bühne. Ich hatte mir da die Zeit genommen, Bilder zu sortieren und etwas zu essen. Dabei hatte ich natürlich dem Konzert gelauscht. Es ist schon echt beeindruckend, wie nahe und gut Herr Schulz an Deros Gesangsstimme herankommt. Aber wenn er spricht, ist er halt der Schulz. Immer wieder ungewöhnlich, aber die Musik ist und bleibt einfach Teil meiner Jugend und sicher auch vieler anderer. Fehlen noch drei Auftritte. Da werde ich mich kurzfassen.
Kärbholz
Callejon
Oomph!
Bruce Dickinson war da. Er stand auf der Bühne und er sang. Hätte es noch mindestens eine Gitarre mehr auf der Bühne gegeben, hätte es ein Maiden Konzert sein können, wo eine Menge verschollener Maiden Songs gespielt worden. Was dieser Mann an Stimme und Fitness auf die Bühne legte, war der Wahnsinn. Unfassbar. Aber es war nicht Iron Maiden, sondern Bruce Dickinson Solo und at its Best.
Bruce Dickinson
Bleiben noch zwei. Vor meinem Highlight unter den Großen und Etablierten spielte noch der Udo Dirkschneider (official). Alteingesessen und etabliert. Beides trifft auf Udo Dirkschneider zu. Egal in welcher Konstellation ist er ein Garant, fast alle Klassiker zu hören, die über die Jahrzehnte von Dirkschneider komponiert worden sind. Und genau das lieferte der alte Haudegen der Hard-Rock und des Metal auch ab. Nun dann zu meinem Highlight des Abends. Wohlgemerkt, meine Perle ist MammothWVH.
Dirkschneider
Aber Amorphis standen nicht nur bei mir, sondern auch bei bestimmt zwanzigtausend Fans ganz oben auf der „muss ich sehen“ Liste. Ich hatte sie bei Ihrem letzten Wackenkonzert 2018, leider verpasst. Umso glücklicher war ich, dieses unglaubliche Konzert erlebt haben zu dürfen. Das Warten und das Hinfiebern auf diesen Auftritt hatte sich sowas von gelohnt. Mein Herz, meine Liebe zu Musik, zu Musikfans, war nach diesem ersten mit Musik gefüllten Tag auf dem Rockharz 2024 wieder im Einklang. Es war sau anstrengend und es warteten noch einige Tage, die es zu erleben galt.