RHZ23 Donnerstag

Rockharz Open Air Tag 2

Meine zweite Nacht auf dem Flugplatz Ballenstedt ist vorbei. Dank einem wunderbaren Frühstück mit Ei, Brot und Butter geht es ins Infield. Das Zelt war eine Gluthölle, aber draußen ist es wirklich ertragbar. Also nutze ich die Zeit bis der Hitzehammer kommt und schaue mir die ersten Bands an.

Allesamt für mich unbekannte. So wie ich das sehe, bin ich da eher eine Randerscheinung. Vor den Bühnen ist es bereits reichlich voll.

Von einer Dame laut in den Tag gepeitscht zu werden, ist doch eine unerwartet gute Art in den Konzerttag zu starten. INFINITAS aus der Schweiz sind erfrischend, anders und wirklich hörenswert. Ja, zugegebenermaßen auch sehenswert, aber das Augenmerk liegt ja auf der Musik.

Im Anschluss übernahm Delta Bats nahtlos das Feld. Es wurden immer mehr, die den Weg vom Frühstück auf das Infield geschafft haben. Sie wurden von den Bats mit reinrassigem und direktem Indiesound begrüßt. Das war eine Abwechslung im Stil, die sich durch das gesamte Lineup des Rockharz 2023 zieht. Nach fast jeder Band, gibt es einen Tempi- oder Genrewechsel.

Nun eine Kombo, die richtig vielversprechend ist. HOW WE END . Eine Band die sich aus den Exmitgliedern von Evanescence, Amaranthe, Nervosa und Primal Fear zusammensetzt. War bei mir komplett nicht auf dem Zettel als ein Muss, aber ich wurde bereits nach dem zweiten Song so angefixt, das ich mir das gesamte Set angeschaut habe. Clean und Growl, wobei die Wurzel unverkennbar blieben.

Nun was Sportliches. Kris Barras Band ist benannt nach dem Sänger. Seines Zeichens ein ehemaliger MMA Kämpfer der sich mit sehr viel Erfolg an Southern Rock probiert hat. Das habe ich null erwartet, aber sehr genossen. Zu einer infernalen Hitze diesen Rock hören zu können ist so authentisch, das man sich fast in New Orleans wähnt.

Getreu dem Motto, das Genre zu wechseln, standen danach The Dark Side of the Moon auf der Bühne. Die entwickelten sich sehr schnell zu einem meiner Favoriten und sie sollten es bei den unbekannteren Bands neben Kris Barrads auch bleiben. Eine tolle Mischung aus Female Fronted und ungewohntem Instrumentarium. Harfe auf Steroiden, ist wirklich ungewöhnlich, aber bei The Dark Side of the Moon nahezu perfekt eingebunden.

Die kommende Band sind dann doch in einer Hitze und Biernebel etwas verschwommen. Merke, ich hätte viel mehr auf die kostenlosen Wasserstellen zurückgreifen sollen.

Die Mitarbeiter von der Lebenshilfe Braunschweig, die vor Ort die Betreuung der Versehrten übernommen hatten, haben das augenscheinlich Ihren Schützlingen gut erklärt. Ich habe nie jemanden im Rollstuhl oder anderweitig Eingeschränktes gesehen, der Schwierigkeiten mit dem Wetter hatte und so die Konzerte verpasste, die Sie sehen wollten. Das Inklusionsprojekt, das dieses Jahr das erste Mal in so einem wirklich großen Umfang aufgezogen wurde, hatte voll eingeschlagen. Das war eine super Entscheidung vom Rockharz, diesen Schritt zu gehen. Infos inklusion@rockharz.com

Aber zurück zu den Bands. Ich weiß, dass als Nächstes die lieben Hannoveraner von Unzucht ihren Weg auf die Bühne fanden. Das, was ich noch in Erinnerung hatte, erinnerte mich stark, an den Mega Auftritt, von denen, den ich vor ein paar Jahren auf einem Schiff erleben durfte, das unter schwarzer Flagge den Rhein runter schipperte. Hier waren sie genauso geil drauf und lieferten den Sound nach einer mindestens ebenso geilen Show ab wie damals. Ich bin auf die Bilder gespannt.

Tribulation (Official) waren wieder eine unbekannte für mich. Da mich mein grummelnder Magen und die Dehydration drohte einzuholen, habe ich mir die erst nur von weitem angehört. Nach dem dritten Song hatte mich ihre sau spannende Mischung aus Doom, Prog und Synthmetal in einen Schattenplatz mit Sitzgelegenheit getrieben. Ich war zu weit weg um deren Gesichter zu sehen, daher waren sie nur einige Zentimeter groß, aber deren Musik machte mich schon an und so sind nun ein zwei Songs von denen in meine Playlist aufgenommen.

Fiddler’s Green ist wie immer eine einzige Partymeile. Das überlasse ich doch gerne den vielen jungen Festivalbesuchern, bevor ich mich und meine alternden Knochen da in den Weg stelle. Ich genieße die Musik einfach bei einem wunderbar kühlen Bier.

Apropos Bier, das Bier war dieses Jahr sau lecker und günstig. Als ich mein erstes Bier holte, glaubte ich an einen Fehler der Bedienung, als sie 4,50 € inkl. Pfand aufrief. Krass geiler Kurs und dazu kostenloses Trinkwasser an den Wasserstellen.

Mr. Hurley & Die Pulveraffen schlugen in dieselbe Bresche wie die Herren vor Ihnen. Das können sie und mal ehrlich, wir haben alle nichts anderes erwartet. Einige hartgesottene Altmetaler nutzen die feierwütigen Hurleys, um mit deren geiler Feierlaune den Metalmarkt zu entern. Mich deucht, einige haben, bedingt durch die beschwingenden Töne, die von der Bühne über das Gelände schalten, reichlich mehr ausgegeben, als geplant. Gute Musikuntermalung klappt nicht nur im Supermarkt.

Schweren Herzens mussten mein Kollege und ich nun kurz zum Lager, um Platz für weitere Kollegen zu machen. So haben wir leider kaum eine Chance gehabt, eine Legende zu genießen. Unter gleißender Sonne konnten wir die Ankunft, Die Apokalyptischen Reiter nur kurz genießen und sie als Soundtrack benutzen, um die nötigen Umzugsarbeiten auf dem Campingplatz zu beschleunigen. Hat geklappt. Die Reiter hauten ein Best of raus. Ich persönlich liebe ja deren Akustikalbum Tiefer, aber hier auf dem Rockharz 2023 ist es natürlich und richtig, die Fans ausschließlich mit deren harten und härtesten Seite zu beglücken.

Ich bin immer wieder erstaunt, was gutes Makeup aushalten kann. Perfekte Masken, besser Bemalungen konnten jetzt bewundert werden. Hämatom spielten auf und ich muss sagen. Sie haben mich wirklich positiv überrascht. Ja, sicher, die härtesten sind sie nicht. Bei weitem nicht, aber sie hatten so ein Spaß auf der Bühne, dass das einfach eine super Zeit war. Kein Wenn, kein aber. Die Oberfranken machen einfach Spaß und Sie sind so lieb und reden fast immer sauberes Hochdeutsch.

Nun geht es in die Mottenkiste, würden einige sagen. Für mich ging es auf eine Zeitreise mit Paradise Lost . Die Helden meiner späten Teenager Tage spielten auf und wie sie Aufspielten. Es war wie gewohnt ein absolut minimalistischer Auftritt, aber dafür hatte der Tontechniker, alles aber mal sowas von im Griff. Ich kann mir vorstellen, dass das derselbe, oder dieselbe Person war die schon Battle Beast abgemischt hat. Traumhaft gut zu verstehen, und einfach nur wunderbar.

Feuerschwanz : ach scheiße, da kann ich nichts weiter zu sagen, als geil. Sie spalten die Gemeinde, aber sie sind was mich angeht, einfach ein Garant für eine richtig gute Zeit in der Nähe der Bühne. Geile Cover, geile Verballhornungen und dazu der Schupsetanz und seine Freunde. Wer sie nicht kennt, befragt den Großen Onlinevideoplayer und wenn Ihr nicht ganz verschreckt seid, ab zum Konzert.

Das, Was erwartet wurde, wurde auch voll erfüllt, so fast. In Flames sind immer ein Garant, dass es laut wird und solide wird. Wurde abgeliefert. Das, was Sie neben allen Klassikern in ihrem 75 Minuten Slot unterbrachten, war genau das, was ein Metalfestival erwarten durfte. Nix mit seichteren Tönen, nein einfach nur Power. Kein Feuer, oder Ähnliches. Etwas CO₂ und dazu eine, wie gewohnt, fulminante Lichtshow.

Im Anschluss kam etwas, das einen speziellen Tempowechsel versprach. Neofolk aus Frankreich. SKÁLD spielten auf. Auf der riesigen Bühne wirkten die Musiker teils doch etwas verloren. Möglicherweise wirkte der zweite „Drummer“ deswegen teils etwas verunsichert ob seines Einsatzes und des Taktes, was aber dem Sound erfreulicherweise nichts an Druck und Klarheit nahm. Manchmal ist modernste Technik halt in allen Genres eine gute Wahl. Ich persönlich stelle mir diese Musik mit diesen Musikern bei einem Samhain oder Beltane Fest am großen Feuer vor.

Onslaught official, tja die wahren dann wieder was für die Ohren und Nacken der Metalergarde. Gerader und sauberer Thrash, wie er als Anschauungs- und Anhörungsobjekt nicht besser sein kann. Die Briten aus Bristol, machten den Sack zu und mein Gleichgewichtssinn nun langsam auch.

Geiler Tag mit richtig abwechslungsreicher Musik und dem richtigen Abschluss. Die Temperaturen sind mittlerweile ins Gegenteilige zum Tagesbetrieb übergegangen. Irgendwer hat wohl die Heizkosten in der Tageshölle etwas zu hochgetrieben, sodass ich nun, leicht schwankend und frierend Richtung Lager gehe.